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Schwarzwälder-Bote, Von Roland Stöß 28.10.2018 - 17:17 Uhr

Sie sind Profis ihres Fachs – mit Herz und Leidenschaft

Neigel meets Stelter

Stefanie Neigel und Daniel Stelter zeigten Im Hermann Hesse-Gymnasium ihr Können. Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder Bote

Calw. Calw jazzt. Was bedeutet Verschmelzung von Raum und Zeit? Bei Jazz am Schießberg entführten Stefanie Neigel und Daniel Stelter ihre Zuhörer phasenweise in einen traumähnlichen Zustand der gedanklichen Schwerelosigkeit.

Seit 2015 treffen sie sich immer wieder zu einem musikalischen Tête-à-Tête, die Sängerin Neigel und der Gitarrist Stelter. Beiden gelang es, schon kurz nach Betreten der Bühne, ein Band der Sympathie zwischen sich und dem Publikum herzustellen.

Die genialen Musiker bedienten viele Genres populärer, moderner Musik. Es wurde gejazzt, geswingt, gegroovt. Bei Balladen wurde in Tönen geschwelgt. Es sind zwar Profis ihres Fachs – jedoch welche mit Herz und Leidenschaft. Neigel studierte Gesang, übrigens gemeinsam mit dem Lokalmatadoren Kai Podack, wie sie anschließend verriet. Heute ist sie unter anderem als Dozentin für Jazz-Gesang an der Freiburger Musikhochschule aktiv. Sie singt erfolgreich A-capella in der Erfolgsformation "Les Brünettes".

Stelter lernte die verschiedenen Stile einer Jazz- und Klassikgitarre von der Pike auf. Der geniale Saitenspezialist präsentiert sich in Soloprogrammen gleichermaßen beeindruckend wie bei internationalen Konzerten in verschiedenen Ensembles.

Das Charisma der beiden, die auf gleicher Höhe miteinander korrespondieren, triggerte sich geradezu an den Seelen der Zuhörenden fest. So entstand rasch der rational nicht erklärbare, magische Raum zwischen sich und den aufmerksam lauschenden Menschen auf den Rängen. Es war die wunderschöne Musik mit vielen feinen Nuancen in Stimme und Instrumentenklang, die gefiel.

Musikalisch experimentell

Auch gab die Sängerin einiges von ihrem eigenen Seelenleben preis. Sei es im eigenen Umgang mit den "Egoisten" um uns herum, mit der Liebe oder mit dem "anscheinend unvermeidbaren Weihnachtsstress". Oder wer kennt es nicht, das Herumgewälze in einer "schlaflosen Nacht". Musikalisch experimentell setzen Neigel und Stelter sowohl die Saiten der Gitarre sowie die eigenen Stimmen mit Hilfe einer Echomaschine ein. Die Quälgeister der Nacht waren hellwach. Alle gespielten Stücke, die auch auf CD nachgehört werden können, stammten von beiden selbst. Die Ausnahme kam als Zugabe herbeigeflogen: "Blackbird" von Lennon/Mc Cartney. Völlig anders und überraschend präsentierte sich Neigel mit einem Solostück ohne Instrumentenunterstützung. Stattdessen brachte sie ihre Stimme das Brustbein als Klangkörper zum Einsatz. Mit Händen klopfte sie, um dann wieder mit den Fingern zu schnipsen, während mit den Füßen der Takt gegeben wurde. Ein koordinatives Kunststück.

Über das Zustandekommen eines seiner Produktionen erzählte Stelter, wie er immer wieder gerne in seine Heimatstadt Ingelheim am Rhein zurückkehrt. Virtuos und authentisch ließ er seine Akustikgitarre sprechen und nachfühlen, was Heimat bedeutet. Das Intro versprach noch klassische Gitarrenkunst, um dann in den Walzertakt wechseln. Den Dreivierteltakt strich Neigel auf der zweiten Gitarre. Was man nicht vermuten möchte, wurde zum einzigartigen, ungewöhnlichen Ereignis. Zum Walzertakt gesellten sich die fetzigsten Gitarrensoli.

Wie so oft verlor sich das Publikum auch bei dem "Vineyard Waltz" in den Klangsphären. Es war mucksmäuschenstill. Am Ende des Stückes war man schon fast enttäuscht, dass es zu Ende ging. Wie lautete doch der Eingangstitel? "I wish, I would capture the time".

Der besonderen Live-Atmosphäre eines Hermann Hesse-Gymnasium-Forums und dieser schmucken Veranstaltung setzte Stefanie Neigel ein wunderbares Krönchen auf. "Die Welt wäre um ein großes Stück ärmer, würden es diese kleinen, feinen Clubs und Locations außerhalb der großen Metropolen nicht geben. Gerade deshalb genießen wir die Auftritte immer ganz besonders. Wir sind den fleißigen Machern hier sehr dankbar." Nebenbei gesagt: Man kaufte ihr auch dieses Bekenntnis ab.

Beim CD-Verkauf verriet Stelter, dass, wenn es wieder heißt "Neigel meets Stelter", einiges an Inspiration und Improvisation dabei sei. Davon "lebe das Ganze auch". Der eine "macht", der andere "macht mit". Er verglich es mit einer typischen Situation aus dem Fußball. Einer schlägt eine Flanke exakt auf den Mitspieler – ohne vorher zu schauen. Nicht erklärbar, wie das klappen kann. Dennoch: Es gelang.

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